Gedenkstein am Eingang zum Friedhof. Foto: Jesco Denzel. SnG
Gedenksteine, jüdisches Mahnmal, Obelisk und Inschriftenwand. SnG

Geschichte der Gedenkstätte Bergen Belsen

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges richtete die Wehrmacht in Baracken am Rande des Truppenübungsplatzes Bergen ein Lager für belgische und französische Kriegsgefangene ein. Im Frühjahr 1941 wurde das Lagerareal erheblich vergrößert. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion wurden bis zum Herbst 1941 mehr als 21 000 Gefangene aus der Sowjetunion eingeliefert. Allein im Zeitraum von Juli 1941 bis April 1942 starben 14 000 sowjetische Kriegsgefangene vor allem an Hunger, Seuchen und Kälte. 

Im April 1943 übernahm die SS den südlichen Teil des Lagergeländes als „Austauschlager“ für jüdische Häftlinge. Im Frühjahr 1944 entschied die SS, das Lagergelände auch für andere Zwecke und weitere Häftlingsgruppen zu nutzen. In der Folge änderten sich der Charakter des Lagers, die Struktur der Häftlingsgesellschaft und vor allem die Lebensbedingungen der Häftlinge dramatisch. Bei der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen am 15. April 1945 fanden britische Soldaten Tausende unbestattete Leichen und Zehntausende todkranke Menschen vor.

Insgesamt 52 000 KZ-Häftlinge aus vielen Ländern Europas kamen im Lager um oder starben unmittelbar nach der Befreiung an den Folgen ihrer Haft. 

Nachdem durch die britische Armee Nothospitale eingerichtet worden waren, entstand in der nahe gelegenen Wehrmachtskaserne ein Camp für polnische und jüdische Displaced Persons. Bis 1950 lebten hier im größten jüdischen DP-Camp Deutschlands zeitweilig bis zu 12 000 Überlebende der Schoah.

Chronologie

  • 1935-1943

    1935-1943

    1935-1937

    Im Rahmen der nationalsozialistischen Kriegsvorbereitung richtet die Wehrmacht in der südlichen Lüneburger Heide den Truppenübungsplatz Bergen mit einer Fläche von 280 Quadratkilometern ein. Am seinem West- und Ostrand entstehen große Kasernenkomplexe für jeweils etwa 15 000 Soldaten, so auch das Truppenlager Belsen.

    Etwa zwei Kilometer südlich des Truppenlagers Belsen wird ein Barackenlager als Wohnsiedlung für Bauarbeiter genutzt, die den Kasernenkomplex des Truppenlagers errichten.

    Juni 1940

    Die Wehrmacht nutzt dieses Barackenlager zur Unterbringung von 600 französischen und belgischen Kriegsgefangenen. 

    Mai/Juni 1941

    Ausbau des Lagers zum Mannschafts-Stammlager und Lazarett für sowjetische Kriegsgefangene – Stalag XI C (311) Bergen-Belsen. 

    Juli 1941

    Ankunft des ersten Transports mit 2000 sowjetischen Kriegsgefangenen. Bis zum Herbst werden mehr als 21 000 Gefangene aus der Sowjetunion eingeliefert. Da kaum Unterkunftsbaracken fertiggestellt sind, müssen sie auf freiem Feld, in Erdhöhlen und Laubhütten leben. 

    ab August 1941

    Ein Einsatzkommando der Gestapo führt „Aussonderungen“ unter den Kriegsgefangenen durch. Mindestens 500 Juden und politische Funktionäre werden in das KZ Sachsenhausen transportiert und dort ermordet. 

    Anfang April 1942

    Im Zeitraum von Juli 1941 bis April 1942 sterben 14 000 sowjetische Kriegsgefangene vor allem an Hunger, Seuchen und Kälte. 

     
  • 1943-1945

    1943-1945

    April 1943

    Die Wehrmacht tritt den südlichen Teil des Lagergeländes an die SS ab, die dort ein „Austauschlager“ einrichtet. Hier sollen jüdische Häftlinge als Geiseln festgehalten werden, um sie gegen im Ausland internierte Deutsche austauschen zu können. Das Austauschlager ist Teil des nationalsozialistischen KZ-Systems.

    Das Kriegsgefangenenlazarett im nördlichen Teil des Lagergeländes bleibt unter Leitung der Wehrmacht bestehen.

    Juni 1943

    Auflösung des Stalag XI C (311). Das Lazarett für Kriegsgefangene wird zu einem Zweiglager des Stalag XI B Fallingbostel. 

    Juli 1943

    Transport von mehr als 2300 aus Polen stammende jüdische Häftlinge in das Austauschlager des KZ Bergen-Belsen. Insgesamt werden bis Ende 1944 mindestens 14 600 jüdische Menschen dorthin transportiert, die meisten aus Ungarn und den Niederlanden. 

    Oktober 1943

    Etwa 1800 jüdische Häftlinge aus Polen werden von Bergen-Belsen nach Auschwitz-Birkenau transportiert und dort direkt nach der Ankunft ermordet. 

    ab März 1944

    Im KZ Bergen-Belsen wird ein neuer Lagerteil eingerichtet. In dieses Männerlager transportiert die SS Tausende kranke und arbeitsunfähige Häftlinge aus anderen Konzentrationslagern. 

    Ende Juni 1944

    Ein Transport mit 222 jüdischen Häftlingen verlässt das Austauschlager des KZ Bergen-Belsen in Richtung Palästina. Insgesamt gelangen bis April 1945 etwa 2560 Austauschhäftlinge in die Freiheit. 

    Ende Juli 1944

    Verlegung des Lazaretts für italienische Militärinternierte mit 500 zumeist Tuberkulosekranken aus Fallingbostel-Oerbke in das Kriegsgefangenenlager Bergen-Belsen. 

    ab August 1944

    Einrichtung eines neuen Lagerabschnitts für weibliche Häftlinge im KZ Bergen-Belsen. Ankunft von Tausenden Frauen, vor allem aus dem KZ Auschwitz. Weitertransport der meisten Frauen zur Zwangsarbeit in andere Konzentrationslager sowie in drei Außenlager des KZ Bergen-Belsen. 

    Oktober/November 1944

    Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstands werden etwa 1000 Angehörige der polnischen Heimatarmee - die Hälfte davon weiblich - als Kriegsgefangene in das Kriegsgefangenenlager Bergen-Belsen gebracht.

    Mehrere Tausend Zivilisten aus dem Warschauer Aufstand – ausschließlich Frauen und Kinder – sind bereits seit August in das Frauenlager des KZ Bergen-Belsen transportiert worden. 

    Dezember 1944

    Der ehemalige Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, SS-Hauptsturmführer Josef Kramer, wird neuer Lagerkommandant des KZ. 

    ab Dezember 1944

    Im Rahmen der Räumung frontnaher Konzentrationslager werden bis Mitte April 1945 mindestens 85 000 Häftlinge nach Bergen-Belsen transportiert. 

    Januar 1945

    Auflösung des Kriegsgefangenenlagers Bergen-Belsen. Die Gefangenen sind zuvor in andere Kriegsgefangenenlager verlegt worden. 

    Anfang April 1945

    Drei Zugtransporte mit etwa 6700 Häftlingen des Austauschlagers verlassen Bergen-Belsen vermutlich mit dem Ziel Ghetto Theresienstadt.

    Mehr als 15 000 Häftlinge aus dem KZ Mittelbau-Dora und dessen Außenlagern werden in der nahe gelegenen Wehrmachtskaserne untergebracht. 

     
  • 1945-1950

    1945-1950

    15. April 1945

    Britische Truppen befreien etwa 53 000 Häftlinge des KZ Bergen-Belsen. Von 1943 bis 1945 kamen im Konzentrationslager Bergen-Belsen und durch die unmittelbaren Folgen der Haft mindestens 52 000 Frauen, Männer und Kinder um. Im Kriegsgefangenenlager Bergen-Belsen starben von 1940 bis 1945 mindestens 19 700 Menschen. 

    April/Mai 1945

    Bestattung von mehr als 20 000 Opfern des KZ Bergen-Belsen in Massengräbern. Überführung von knapp 29 000 Überlebenden aus dem Konzentrationslager in ein von den Briten eingerichtetes Nothospital in der ehemaligen Wehrmachtskaserne. Die Überlebenden erhalten den Status von „Displaced Persons“ (DPs).

    Um die Ausbreitung von Seuchen zu verhindern, brennen die Briten die meisten Holzbaracken auf dem ehemaligen Lagergelände nieder. 

    Juni bis Oktober 1945

    Das Nothospital wird zum Displaced Persons Camp, das bald darauf in ein polnisches und ein jüdisches DP-Camp aufgeteilt wird. 

    September bis November 1945

    Erster Belsen-Prozess in Lüneburg vor einem britischen Militärgericht. 

    September 1945

    Der erste Kongress der befreiten Juden in der britischen Zone findet im DP-Camp Bergen-Belsen statt. Zum Auftakt wird auf dem ehemaligen Lagergelände ein hölzernes Mahnmal zum Gedenken an die jüdischen Opfer errichtet.

    Oktober 1945

    Der Kommandeur der britischen Militärregierung ordnet die Planung eines angemessenen Gedenkortes auf dem ehemaligen Lagergelände an. 

    bis Herbst 1945

    Repatriierung der meisten Displaced Persons aus Nord-, West- und Südeuropa in ihre Herkunftsländer. Zwangsrückführung der sowjetischen Überlebenden. 

    November 1945

    Polnische Überlebende weihen zum Gedenken an die Opfer ein großes Holzkreuz auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers ein.

    Auf Anordnung der sowjetischen Militärmission hin wird ein Ehrenmal auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Bergen-Belsen errichtet. 

    Anfang März 1946

    Die United Nations Relief & Rehabilitation Administration (UNRRA) übernimmt die Verwaltung des DP-Camps von der britischen Armee. Als Selbstverwaltung der jüdischen DP’s handelt das Zentralkomitee der befreiten Juden in der britischen Zone mit Sitz im DP-Camp.

    April 1946

    Anlässlich des ersten Jahrestags ihrer Befreiung enthüllen jüdische Überlebende am Ort des provisorischen hölzernen Mahnmals ein steinernes Mahnmal.

    Juni bis September 1946

    Verlegung der polnischen Displaced Persons und Auflösung des polnischen DP-Camps. Bergen-Belsen wird zum größten jüdischen DP-Camp im Nachkriegsdeutschland. 

    1946 bis 1952

    Umgestaltung eines Teils des früheren Lagergeländes zu einer Gedenkstätte. Bau eines internationalen Mahnmals. 

    ab 1948

    Mit Gründung des Staates Israel und Erleichterung der Einreisebestimmungen in die USA und andere Länder können die meisten jüdischen DPs auswandern. 

    Mai bis Juli 1950

    Auflösung des DP-Camps Bergen-Belsen. Die verbliebenen Bewohner werden nach Upjever verlegt. 

     
  • 1950-heute

    1950-heute

    November 1952

    Einweihung der Gedenkstätte Bergen-Belsen und Übergabe an das Land Niedersachsen. 

    1960 bis 1961

    Umfangreiche landschaftliche Umgestaltung des Gedenkstättengeländes. 

    1964 bis 1968

    Umfassende Umgestaltung des Kriegsgefangenenfriedhofs Bergen-Belsen 

    April 1966

    Ein erstes Dokumentenhaus mit einer Ausstellung zur Geschichte des KZ Bergen-Belsen wird eröffnet. 

    April 1990

    Eröffnung einer neuen Dauerausstellung im erweiterten Dokumentenhaus der Gedenkstätte Bergen-Belsen. 

    Oktober 2007

    Eröffnung des neuen Dokumentationszentrums der Gedenkstätte Bergen-Belsen mit einer Dauerausstellung zu den Kriegsgefangenenlagern in der Lüneburger Heide, dem Konzentrationslager Bergen-Belsen und dem Displaced Persons Camp.

    2009

    Aufnahme der Gedenkstätte Bergen-Belsen in die institutionelle Förderung der Bundesrepublik Deutschland.

    Juni 2012

    Fertigstellung der Außengestaltung des ehemaligen Lagergeländes und eines Besucherleitsystems zur Erläuterung des historischen Orts mit Informationsstelen und Lesezeichen.