Tor der Tränen
Jüdisches Leben im Schtetl Osięciny in Polen, Leiden unter NS-Terror und in Auschwitz, Überleben im KZ Bergen-Belsen, dort im DP-Camp und in Celle 1914–1981
Die beiden ersten Kapitel über das damals westpolnische Osięciny und seine jüdischen Bewohner gehören thematisch zusammen und stellen mit knapp 150 Seiten den umfangreichsten Teil der Erinnerungen dar, eine ebenso kenntnisreiche wie liebevolle Beschreibung des jüdisch-orthodoxen Lebens in einem Schtetl Polens vor dem Zweiten Weltkrieg. Als zweitumfangreichstes handelt das dritte Kapitel von den fast unvorstellbaren Leiden der jüdischen Bevölkerung, der Familie des Autors und des Autors selbst, und zwar von den Anfängen des deutschen Terrorregimes bis zu seinem späten Ende in Bergen-Belsen. Im vierten Kapitel geht es nicht nur um die tödliche letzte Zeit im KZ Bergen-Belsen, sondern vor allem auch um das neue jüdische Leben der Überlebenden – einschließlich der Tragödie des Flüchtlingsschiffes "Exodus", das von der damaligen palästinensischen Mandatsmacht Großbritannien mit brutaler Gewalt von Eretz -Israel /Palästina nach Hamburg zurückgezwungen wurde.
Das fünfte Kapitel weicht von den anderen ab und ist eine starke brüderliche Laudatio des Autors auf und eine Art Denkmal für seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Israel Mosche Olewski s.A. (1916–1966), Sohn eines orthodoxen Rabbiners, der nach seiner intensiven Ausbildung als junger Mann gerade begonnen hatte, in den Fußstapfen seines Vaters als Rabbi zu wirken, sodann in die unsägliche Mühle der Schoáh geriet, überlebte, um dann wieder als chassidischer Rebbe zu wirken, und zwar zunächst im niedersächsischen Celle, dann in Brooklyn (New York), der im Alter von nur 50 Jahren verstarb, in Israel bestattet wurde und bis heute bei seinen Chassiden unvergessen geblieben ist.
Auch der ältere Bruder und Autor der vorliegenden Schrift, Rafael Olewski s.A. (1914–1981), besuchte in seiner Kindheit und Jugend religiöse Schulen, war Lehrer und Journalist, sogar Kavallerist und Scharfschütze eines Elite-Reiterregiments der polnischen Armee, war jahrelang Häftling in deutschen Arbeits- und Konzentrationslagern, "kein streng praktizierender religiöser Jude, aber traditionell-religiös eingestellt", "ein begeisterter Zionist und ein stolzer Jude", nach der Befreiung in Bergen-Belsen und Celle in vielen Bereichen und Funktionen für jüdische Überlebende führend tätig, um 1949 mit seiner Frau Rachel und der im DP-Camp Bergen-Belsen geborenen Tochter Jochevet (Jochi) nach Israel einzuwandern, wo 1950 Sohn Arie geboren wurde. Rafael Olewski s.A. setzte seine israelisch-jüdischen Aktivitäten fort, und zwar als langjähriger legendärer Vorsitzender der Irgun Sche'erit HaPletah Bergen-Belsen in Israel (Vereinigung des Restes der Geretteten von Bergen-Belsen in Israel).
Tor der Tränen wurde in den 1970er Jahren auf Jiddisch geschrieben und teils von einem professionellen Übersetzer, teils von Arie Olewski ins Hebräische übersetzt; einige Abschnitte waren bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in jiddischsprachigen DP-Zeitungen in Celle erschienen. Das Buch wurde erst nach dem Tod des Autors (1981) im Jahre 1983 in Israel veröffentlicht und später von Antje Naujoks aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzt.
- Autor
- Rafael Olewski
- Herausgeber
- Erhard Roy Wiehn
- Einband
- Broschur
- Anzahl Seiten
- 440
- ISBN
- 978-3866284388
- Verlag
- Hartung-Gorre
- Jahr
- 2014